Willkommen in der Truman Show

Ich sitze mit meiner Bekannten Rebecca und ihrem Freund Marco im Rippchen-Restaurant in Santa Maria. Wir haben uns lange nicht gesehen. Die zwei machen Urlaub auf Mallorca und meldeten sich bei mir. Sie sind frisch gebackene Mediziner. Sie arbeitet auf einer Kinderkrebsstation und er ist Anästhesist.

Ein harter Alltag.

Ich erzähle von meinem Leben hier auf Mallorca und meinen Erkenntnissen über unsere Möglichkeiten, unser Leben zu gestalten, bis Marco mich unterbricht: „Das ist ja alles schön und gut, Elisa. Aber Rebecca und ich leben nun einmal in der Realität und die sieht anders aus als deine kleine Traumwelt hier.“

Früher hätte mich das verletzt, was er sagt. Als wäre ich weltfremd und naiv und nur nach irgendwelchen glücklichen Zufällen hier gelandet. Doch Rebecca und ich gingen auf die gleiche Schule, arbeiteten neben dem Studium im gleichen Klamottenladen für fünf Euro pro Stunde. Mein Vater und mein Onkel sind Anästhesisten. Ich habe mich nur für einen anderen Weg entschieden als die meisten Menschen.

Stattdessen muss ich lächeln und frage Marco: „Wer sagt dir denn, dass eure Welt die Realität ist?“

Dieses Gespräch ist inzwischen drei Jahre her, doch es geht mir nicht aus dem Kopf. Damals befand ich mich noch in einer Phase der Isolation, in der ich mich auf mein Leben und mein direktes Umfeld konzentrierte. Was für eine Befreiung.

Ich war spontan nach Mallorca gezogen und hatte hier noch keine Freunde. Als Selbstständige, die zuhause arbeitete, lernte ich auch nicht viele Menschen kennen. Das war schwer und gleichzeitig gut so.

Ich nahm mir die Zeit, einfach mal nichts zu tun und wahrzunehmen, zu beobachten. Wie eine unsichtbare Außerirdische, die niemand wahrnahm, spazierte ich im Sommer durch die Touristenmassen an der Strandpromenade und saß ich im Winter in den Bars inmitten der Mallorquiner.

Ich achtete auf meinen inneren Dialog und was ich so sah. Das war alles echt. Die Menschen, der Wind im Haar, die Sonne auf der Haut, meine Traurigkeit, niemanden zu haben, mit dem ich einfach mal einen Kaffee trinken konnte.

Diese zwei Jahre des Alleinseins – egal ob wirklich allein auf meiner Terrasse oder unter anderen Menschen im Café – half mir zu erkennen, was wirklich war.

Es wird oft als spiritueller Esoscheiß abgetan, aber was wirklich ist, gibt es tatsächlich immer nur im Jetzt. Das ist sehr beruhigend. Das kann man keinem mit Worten erklären, dass kann jeder nur selbst erfahren.

Indem er sich auf eine Bank setzt und die Menschen beobachtet. Indem er im Büro die Augen schließt und auf alle Geräusche achtet. Indem er in den Wald fährt und sich dort an einen Baum lehnt.

Indem wir uns immer wieder daran erinnern, dass wir atmen, verdauen, denken, fühlen und dass das nicht immer so sein wird. Das ist die Realität.

Der Eindruck, man könne aus seinem Alltag nicht ausbrechen oder nicht irgendwie anders leben, ist eine Illusion.

Natürlich ist der Arbeitsalltag von Rebecca und Marco Realität für sie. So wie mein Alltag, für den ich so unendlich dankbar bin und den ich mir selbst erschaffen habe, für mich Realität ist.

Für Truman Burbank aus der Truman Show war sein Leben auch Realität. Bis ihm ein Scheinwerfer vom Himmel vor die Füße fiel und er sich entschied, auszubrechen.

Was hindert so viele Menschen daran, ihr Leben anders zu gestalten? Ich vermute Angst. Angst vor dem Unbekannten. Oder einfach der falsche Glauben, dass es nicht anders geht. Dass ein angenehmes, prickelndes Leben für sie nun einmal „unrealistisch“ ist.

Vielleicht sind sie aber auch einfach glücklich in ihrer eigenen Truman Show?

Da ich mir viele Gedanken zu diesen Themen mache und bewusst bin, dass meine Wahrnehmung sehr begrenzt ist, starte ich hiermit einen kleinen Aufruf:

Schreibe mir an elisa@flohbair.com, wie dein Alltag aussieht (Wann stehst du auf? Wie ist dein typischer Tagesablauf? Wie fühlst du dich meistens? Was sind deine häufigsten Gedanken oder Sorgen?) und ob du Träume hast? Wenn ja, was hindert dich, diese zu leben?

Es gibt hier nichts zu gewinnen oder sonst irgend einen Ansporn, außer vielleicht der, dass du die Möglichkeit hast, einem Menschen von dir zu erzählen, der sich wirklich einfach nur für dich interessiert.

Aus den Einsendungen würde ich gern einen Beitrag mit meinem Fazit zusammenschustern. Natürlich, ohne dich namentlich zu erwähnen und so, dass dich andere nicht wiedererkennen.

Ich freue mich auf deine Geschichte! Für dich ist es zudem eine gute Gelegenheit, ein Zwischenfazit deines Lebens zu ziehen und den Geist zu klären.

Sei es dir wert.