Der Mensch

Heute morgen wachte ich 4 Uhr mit A.K. auf, der zeitig auf dem Weinberg sein musste. Bevor er ging, lag ich eine Weile in seinen Armen und wir unterhielten uns. Wir hatten uns diese Woche bisher kaum gesehen, da ich viele Leute traf und mich in die Geselligkeit stürzte, um Lebendigkeit zu fühlen, während er zeitig schlafen ging. Wie kostbar sich ein solcher Moment anfühlt, wenn alle Welt noch schläft und draußen sanfte Dunkelheit und Stille die Erde bedecken.

 

Ein Abschiedsküsschen und er machte sich los. Ich saß nun putzmunter im Bett und ließ meine Gedanken treiben. Ich staune immer wieder über die merkwürdigen Sprünge, die sie machen. Ich landete im Oktober 2018. Meine geliebte Freundin Madita hatte mir damals ein Gedicht geschrieben, nachdem wir ein sehr lustiges Wochenende bei gemeinsamen Freunden für einen Rubikon-Schreibworkshop verbracht und uns am Bahnhof verabschiedet hatten.

 

Zwischenmenschliche Verbindungen spenden so viel Kraft und Freude. Immer wieder lese ich dieses Gedicht und fühle mich gesehen, geliebt und wertvoll. Ich danke meiner hochbegabten Freundin so sehr dafür und weiß jetzt schon, wie sie die Augen verdreht, wenn sie das hochbegabt liest. Kultivieren und schätzen wir Verbindungen wie diese, offenbart sich die Fülle und der Reichtum des Lebens, die jedem von uns sofort zugänglich sind, wenn wir lernen, richtig hinzusehen und sie zu fühlen. In Stille. Beim Zugfahren.

 

„Welch ein Glück, geliebt zu werden. Und Lieben, Götter, Welch ein Glück!“ (1)

 

Elisa

 

Kein Schlag den deine Wimpern geben

Kein Wort das meinen Mund verlässt

und deines Lachen Tränenregen

der mich mir selbst vergeben lässt

 

Kein Funken Liebe den du sprühst

der nicht mit wundersamem Glanz

die Ganze Welt zum Lachen rührt

 

schon so sehr und doch nicht ganz

lebst du in unglaublicher Fülle

und deine Wunde tief geschnitten

heilt noch nicht, sie blüht nur auf

weil du sie liebst

und was sie braucht

du ihr gibst

 

Dein Herz so schnell

so schnell wie dein Verstand

läuft schnell

so schnell und urverwandt

 

wohin?

 

Kein Schlag den deine Wimpern geben

 

„der Mensch“ sagst du

„der Mensch“

und schweigst

 

Du berührst mich!

 

– Madita Hampe, 2018 –

 

(1) Willkommen und Abschied, Johann Wolfgang von Goethe, 1775