Der Anfang

„Mensch Fliegi, jetzt setz dich doch nicht immer in mein Gesicht.“

Seit wann sprach Strower mit Fliegen, fragte er sich. Und seit wann benutzte er Verniedlichungen? So weit war es jetzt schon. Er richtete seinen Blick in die Ferne auf das glatte Meer, das wie eine zarte Glasfläche schien. Sollte er reinspringen? Er war ewig nicht im Meer baden gewesen. Das letzte Mal in seiner Jugend. Seit Jahren dachte er, er hasse den Strand. Seitdem er seine Hippie-Phase in Mallorca abgebrochen hatte, um sich ein richtiges Leben aufzubauen.

Die Sonne ging langsam unter und es wurde frisch. Es wäre vernünftiger, einfach hier sitzen zu bleiben und weiter den Sonnenuntergang zu beobachten.

„Nicht schon wieder, Fliegi. Hau doch mal ab.“, wischte er sich erneut die Fliege aus dem Gesicht und musste über sich lachen. Was war nur mit ihm passiert, seitdem er vor einem Monat auf die Insel zurückgekehrt war, um diesen Mordfall zu klären? Seit wann war er so zartfühlig? Zu einem Insekt noch dazu? Ohne weiter nachzudenken, erhob er sich, warf die schwere Lederjacke in den Sand, zog die alte Jeans und sein olivgrünes Baumwollshirt aus und rannte ins Wasser.

Als sein Körper in das glasklare Nass tauchte, fühlte er sich wach. Lebendig. Er tauchte auf und schwamm im Brustschwimmen gen Horizont. Kraulen war noch nie sein Ding. Es war ihm inzwischen egal, ob er lächerlich oder alt wirkte. Strowers Blick war an den orangeroten Kreis und dessen warmes Licht geheftet, das sich im Meer spiegelte. Er dachte an nichts. Fühlte seinen Herzschlag und wie ihm langsam kalt wurde.

***

Wir alle haben Träume. Oder Projekte, um es mal nicht so hochtrabend zu sagen.

Als ich lange Zeit keine mehr hatte, erschien mir das Leben sinnlos und ich spielte –  wenn auch immer nur hypothetisch – mit Selbstmordgedanken. Nachdem ich alles, was ich mir ersehnte, in die Tat umgesetzt hatte, saß ich da und stellte fest, dass ich noch immer nicht glücklich war. Meine Träume bis dahin waren alle punktuell. Auswandern, mich selbstständig machen, eine Reise machen.

Sie alle machten mich kurz glücklich und dann kehrte wieder der Alltag ein.

Jetzt habe ich neue Träume. Oder Projekte. Oder besser gesagt: Meine Träume beziehen sich jetzt auf Leidenschaften. Malen und Schreiben. Ich habe bereits begonnen, sie in die Tat umzusetzen, doch der Alltag und irgendwelche inneren Blockaden, vielleicht auch einfach dieses Mistvieh namens Schweinehund, machen mir ständig einen Strich durch die Rechnung.

Eines der Projekte besteht darin, Schriftstellerin zu werden. Sprich, Bücher zu schreiben.

Zuerst wollte ich meine Autobiographie über das Auswandern und all meine Erfahrungen schreiben. Ich buchte Kurse, kaufte mir einen Haufen Bücher zum Thema und machte bei einem Literaturwettbewerb mit, um zu üben.

Nach zwei Wochen der Euphorie und des Tatendrangs, verlor ich wieder die Motivation und „fand“ im Alltag keine Zeit zum Schreiben. Rannte irgendwie davor weg, weil ich fürchte, es nie so hinzubekommen, wie ich es mir jetzt ausmale.

Eine neue Idee für ein Buch erschien in meinem Kopf. Einfach so. Eine Fiktion. Eine geniale Geschichte über einen Detektiv oder so.

Also beschloss ich, darüber mein erstes Buch zu schreiben, um zu üben. Und wieder setzte ich mich nicht hin.

Da auch meine Blogartikel-Motivation zur Zeit im Koma zu liegen scheint – wie du vielleicht bemerkt hast – nutze ich Flohbair nun auch, um die Fortschritte zu meinem Projekt ab und zu mit dir zu teilen. So hörst du von mir, ich habe nicht das eklige Gefühl, meinen Blog absterben zu lassen, und es motiviert dich vielleicht, parallel an deinem Herzensprojekt zu arbeiten.

Denn in Wirklichkeit sieht es natürlich so aus, dass ich mir die Zeit nicht nahm. Stattdessen saß ich ständig in einer Bar, nahm mehr Übersetzungsaufträge an als sonst und legte mir auch noch zwei Nebenjobs bei Freundinnen zu.

Nun habe ich beschlossen, die Nebenjobs wieder aufzugeben, auch wenn das nicht leicht für mich ist, Menschen, die ich mag und denen ich meine Hilfe versprochen habe, „hängen zu lassen“.

Als ich meiner ersten Freundin davon erzählte und ihr meine Buchidee schilderte, streckte sie mir ihren Unterarm entgegen. Sie hatte Gänsehaut. Sie strahlte mich an und sagte: „Das ist es, Elisa. Das musst du machen. Schade für mich, dass du jetzt auf dem Weg bist, eine berühmte Schriftstellerin zu werden.“

Ihre Reaktion hat mich umgehauen.

Wenn sie so sehr an mich glaubt, dann werde ich das doch auch können.

Also setzte ich mich am selben Abend noch hin und schrieb. Egal wie viel. Egal ob zum Buch oder irgendwas anderes, um in den Fluss zu kommen.

Oben ist eine Szene, die mir soeben in den Kopf kam. Ein erster roher Auszug aus meinem zukünftigen Buch.

Wenn ich es so offiziell mache, bezwingt das vielleicht auch meinen Schweinehund und meine Angst.

Wie sieht es mit deinem Herzensprojekt aus? Nimmst du dir die Zeit dafür? Was machst du, wenn deine Motivation schwächelt?

Ich freue mich auf deinen Kommentar!

Sei es dir wert.

6 Kommentare, sei der nächste!

  1. Energie folgt der Aufmerksamkeit

    Es gibt sehr viele Gründe, Projekte, die man sich vorgenommen hat, aufzuschieben.
    Und natürlich gibt es auch sehr viele Gründe, Projekte JETZT anzupacken. Es ist, wie in der Geschichte mit den Wölfen (vielleicht kennt sie nicht jeder…).
    Welche Gründe füttern wir?
    Du fragst nach meinem Herzensprojekt…
    Das ist seit Jahren, einen Roman zu schreiben…..einen ganz bestimmten Roman. Ich habe dann „erst mal“ einen Ratgeber geschrieben. Danach sollte das „eigentliche“ Projekt beginnen. Ein Bekannter wollte gerne mit mir gemeinsam ein anderes Projekt starten: Geschenkbücher in die Welt bringen. Diese Babies sind auch geboren.
    Nun ist der Roman endlich in Arbeit. Aber oje… Was passiert jetzt? Eine Veränderung jagt die nächste in meinem Leben… Zu-Fall? Prüfungen? Ich bin nun dabei, diesen Dingen, die da im Außen geschehen, langsam die Aufmerksamkeit zu entziehen und diese wieder dem Roman zu widmen. Mein tägliches Mantra lautet : Energie folgt der Aufmerksamkeit!
    Viel Glück!

  2. Was für ein wundervoller Impuls!!!

    Danke, Lietta!!

    Ich wünsche dir auch alles Gute für dein Projekt und freue mich zu wissen, was mir fehlte. Meine Aufmerksamkeit auf dieses Buch lenken. Das kann doch so schwer nicht sein, wenn es so klar ist, was zu tun ist.

    Herzliche Grüße
    Elisa

  3. Liebe Elisa,
    Ich mag immer wieder wie authentisch Du hier schreibst.
    Und all deine Facetten wahrhaftig beschreibst.

    Mir stellt sich immer wieder die Frage wie man denn sein Herzensprojekt findet.
    Hast du eine Idee dazu?

    Schönen Sonntag dir.

    Und ich wollte dich noch fragen, ob ich dich auf meinem Blog verlinken darf?
    Lieben Gruß
    Nina

  4. Liebe Nina,

    danke für deinen Kommentar und das Feedback zu meiner Art zu schreiben.

    Ich glaube, die einfachste Art, sein Herzensprojekt zu finden ist, darauf zu achten, was dir wirklich Freude macht.Nicht, was du glaubst, was du kannst oder nicht kannst, denn darin täuschen wir uns allzu oft. Auf wen bist du neidisch? Warum? Dahinter verstecken sich oft unausgelebte eigene Herzensprojekte.

    Achte so oft wie möglich auf deine Stimmungen und Gefühle.

    Und natürlich darfst du mich gern auf deinem Blog verlinken.

    Herzliche Grüße
    Elisa

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