Darf ich vorstellen? Daniel.

 „Man muss im Leben etwas wagen.“ 

Steckbrief

Alter: 57 Jahre

Wohnort: Paris, Frankreich

Ursprünglich aus: Périgueux, Südfrankreich

Verheiratet, 2 Kinder (26 und 29 Jahre)

Eine Küstenwanderung mit dem Vater einer Freundin aus Frankreich

Es ist Samstag. Die Sonne scheint. Daniel und ich treffen uns zu einer Küstenwanderung. Hier auf Mallorca, wo er das Wochenende verbringt.

Während wir einen steilen Abhang hochklettern, beginne ich das Gespräch:  „Wo arbeitest du jetzt eigentlich?“

„Ich arbeite seit neun Monaten in einem Start-up als Kaufmann. Es ist eine Entreprise Libéré, ein neues Unternehmenskonzept, das aus den USA stammt. Ohne die klassische Hierarchie.

Jedes Mitglied des Unternehmens trägt Verantwortung und befindet sich auf demselben Niveau wie die anderen. Die Gründer des Unternehmens und die meisten meiner Kollegen sind jünger als 30. Sie haben mich wegen meiner Erfahrung und der Weisheit des Alters eingestellt.“, scherzt Daniel.

„Das fetzt ja.“, platzt es begeistert aus mir heraus, „Ich wusste gar nicht, dass es solche Unternehmen gibt. Fühlst du dich glücklich, dort zu arbeiten?“

„Pffff … GLÜCKLICH. Das ist heutzutage so ein leeres Wort. Es wird überall, für alles und jedes verwendet.

Die Arbeit in diesem Unternehmen gefällt mir. Ich verstehe mich gut mit meinen Kollegen und sie lassen mich sogar nebenbei an meinem eigenen Projekt arbeiten. Ich bin also zufrieden.“

„Du arbeitest nebenbei an einem eigenen Projekt?“

„Ja. Und es ist nicht das Erste. Ich habe in meinem Leben schon sechs Unternehmen gegründet und ich hoffe, dieses Mal ist es das letzte Mal.“

„Ah. Ok. Also hast du schon ein paar Misserfolge erlebt?“

„Ja. Nicht jedes Unternehmen war ein Misserfolg, aber einige davon und so stand ich mehrmals vor dem Nichts. Und ich musste wieder bei Null anfangen.“

Ich bin beeindruckt. Nachdem Daniel mehrmals versucht hat, ein eigenes Unternehmen aufzubauen und gescheitert ist, versucht er es mit 57 Jahren erneut. „Wie schaffst du das, dass du nach so vielen Niederlagen im Beruf nicht aufgibst?“

„Na, ich sehe die Niederlagen nicht als endgültiges Ergebnis an. Es sind Etappen, die Teil des Weges sind. Sie helfen dir, zu wachsen, etwas zu lernen. Dann stehst du auf und fängst nochmal an. Man muss im Leben etwas wagen.

Auch wenn das nicht einfach ist, vor allem, wenn du eine Familie hast. Mit meinem Geschäftspartner sind wir gerade dabei, eine App zu entwickeln, die den Alltag aller Menschen revolutionieren wird, was die Zeit anbelangt, die sie damit verbringen, Dinge im Internet zu regeln.“

„Das klingt toll.“, verkünde ich schon wieder voller Begeisterung, „Du musst dich doch total freuen (ich vermeide das Wort glücklich), einen festen Job zu haben und gleichzeitig ein eigenes Projekt aufzuziehen, das dir am Herzen liegt, und du mit dem Einverständnis deines Arbeitgebers an beiden arbeiten kannst, oder?“

„Hm. Ja, das ist schön.“, sagt er ohne eine Spur der Freude in seinem Gesicht. Ich bin verwirrt. Anscheinend haben wir nicht die gleiche Vorstellung vom Glück.

„Findest du nicht, dass du Glück hast, Daniel?“, frage ich ihn. Falsche Frage.

„Ohhh. Noch so ein Wort. GLÜCKLICH und GLÜCK. Du musst deine Worte mit Bedacht wählen, Elisa.“

Ich stelle fest, dass er Recht hat. Glück und glücklich sind sehr vage. Sie bedeuten für jeden etwas Anderes oder aber überhaupt nichts, wenn sie allgemein verwendet werden. Ich frage also noch einmal direkt: „Und für dich? Was bedeutet Glück für dich?“

„Weißt du, ich denke nicht so viel darüber nach.

Ich weiß nur, dass diese Wörter mir auf den Keks gehen, weil sie zu oft verwendet werden. Ich fühle mich gut mit meinem Leben. Ich würde nichts ändern. Ich verstehe mich gut mit meiner Frau und meinen Kindern. Ich treibe regelmäßig Sport. Meine Arbeit geht mir nicht gegen den Strich. Ich arbeite an einem Projekt, das mir ein Ziel im Leben gibt. Ich verbringe schöne Momente mit Kollegen und Freunden. Und fertig.

Da brauche ich nicht nachzudenken.“

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